29. Juni 2022

Editorial: In meiner Blase

Informationsblasen. Illustration: Christina Baeriswyl.

29.06.2022 — Zürich, Schweiz

Die Fronten haben sich verhärtet, auch im Informationskrieg. Wie lassen wir uns auf konträre Standpunkte ein, ohne Kriegstreiberei und Lügen zu verharmlosen?

Kürzlich schrieb ich einen Artikel für eine Zeitung, die kaum jemand in meinem Umfeld liest. Es ist eine der auflagenstärksten Publikationen in der Schweiz. Ein Kollege sah die Schlagzeile, als er sich am Kiosk ein Eis kaufte. Sonst erhielt ich fast keine Rückmeldungen.

Das lag nicht daran, dass niemand die Geschichte gelesen hätte. Aber sie fand nicht in meiner Blase statt, die sonst zuverlässig kommentiert — privat, öffentlich und mit relativ vorhersehbarer Werthaltung. So vorhersehbar, dass man aufpassen muss, nicht schon beim Schreiben daran zu denken, was wohl „die Community“ dazu meint. Schliesslich geht es ja um Fakten. 

Aber spätestens seit dem Krieg in der Ukraine geht es eben auch um Werte. Putins Aggression ist derart eklatant, dass es kaum mehr Grauzonen zu geben scheint zwischen Gut und Böse. Diese Hyperpolitisierung der Information macht es noch schwieriger, sich aus der eigenen Bubble zu kämpfen.

In der internationalen Arbeit ist das aber oft entscheidend. Ohne gemeinsames Verständnis kommt man nicht voran. Ohne gemeinsame Plattform wird es schwierig. Wir müssen Darstellungen prüfen, auch wenn sie nicht der eigenen Erwartung entsprechen.

Wie gelingt es, konträre Standpunkte einzubinden, ohne falsche Informationen auf die Ebene von gleichberechtigten Gegendarstellungen zu hieven? Ohne selbst zum Propaganda-Vehikel zu werden? 

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