7. Juni 2015

Klimaneutrales Erdgas für emissionsarmes Wohnen

Bis 2030 will die Europäische Union mindestens 40 Prozent der CO2-Emissionen einsparen – ein Ziel, für das sich Bundeskanzlerin Merkel im EU-Rat massiv eingesetzt hat. Die Umsetzung erfolgt über den europäischen Emissionshandel und verbindliche Vorgaben in anderen Sektoren. Für Deutschland bedeutet dies, dass die CO2- Emissionen im Gebäudesektor bis 2030 um etwa ein Drittel sinken müssen. In einem „Weiter so wie bisher“-Szenario müssten wir im Jahr 2030 jeden dritten Tag ohne Heizung und warme Dusche auskommen, um dieses Ziel zu erreichen. So weit muss es nicht kommen.

Sanieren, Abreißen, Bauen

Gebäude sollen ein Drittel weniger Emissionen produzieren – wie will Deutschland das bis 2030 schaffen? Laut Bundeswirtschaftsministerium liegt die Sanierungsrate bei bestehenden Gebäuden bei etwa einem Prozent im Jahr. Heißt: Bis 2030 werden etwa 15 Prozent der Bestandsgebäude saniert sein. Nehmen wir weiter an, dass eine Sanierung die CO2-Emissionen eines Gebäudes um durchschnittlich zwei Fünftel senkt, so reduzieren sich die Emissionen im gesamten Gebäudesektor dadurch bis 2030 um sechs Prozent. Die Emissionen könnten um weitere zehn Prozent sinken, wenn jedes abgerissene Gebäude durch ein „Null-CO2-Haus“ ersetzt würde. Problematisch ist dabei, dass unser Bedarf nach steigendem Wohnkomfort und mehr Wohnfläche einen Teil der Einsparungen wieder auffrisst.

Diese stark vereinfachte und für den Klimaschutz optimistische Abschätzung zeigt: Mit den aktuellen Fördermaßnahmen können die CO2-Emissionen im Gebäudesektor bis 2030 um maximal 16 Prozent sinken. Damit reicht es lange nicht für die von Brüssel für Deutschland vorgesehenen 30 bis 40 Prozent für den Nicht- Emissionshandelssektor. Wie kann die Politik diese Lücke schließen? Mehr staatliche Förderung für die Gebäudesanierung? Hohe öffentliche Zuschüsse für den Abriss von Bestandsgebäuden? Die dazu notwendige drastische Steigerung von Neubau, Abriss und Sanierung ist für die Gesellschaft und den Gebäudeeigentümer jedenfalls kaum bezahlbar. Dabei findet der Wandel zu immer effizienteren Gebäuden dank bestehender politischer Rahmenbedingungen ohnehin statt – der Wandel braucht jedoch deutlich mehr Zeit als uns die sinnvollen und notwendigen CO2-Ziele für 2030 geben.

Erdgas als Überbrückung

Ein von der Politik bisher kaum beachtetes Angebot der Energieversorger kann dem Wärmemarkt die notwendige Zeit für die Transformation verschaffen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Klimaschutzziele eingehalten werden: CO2-armes Erdgas, das mit hochwertigen internationalen CO2-Zertifikaten vollständig klimaneutral hergestellt wird. Die Zertifikate nutzen anerkannte Standards der Vereinten Nationen, teilweise in Kombination mit dem vom WWF mit entwickelten Gold-Standard. Die standardisierten Zertifikate ermöglichen es, die durch Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern eingesparte Menge CO2 zu handeln. Mit Hilfe der Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate kann in einem Entwicklungsland z.B. die Verbreitung von effizienten Kochern gefördert werden. Dadurch sinkt der Bedarf an Brennholz und somit die durch das Kochen ansonsten verursachten CO2- Emissionen – ein Ansatz mit zusätzlichen positiven Auswirkungen für den Wald und die Gesundheit der Nutzer.

© Darren Greenwood

Bereits heute bieten viele Energieversorger in Industrieländern ihren Kunden Erdgas mit internationalen CO2-Zertifikaten an, um kosteneffizient CO2-Emissionen im Heizungssystem senken. Hausbesitzer, Mieter und die Volkswirtschaft können so kurzfristig CO2 einsparen. Gleichzeitig gewinnt die Volkswirtschaft mit Hilfe der internationalen Zertifikate ausreichend Zeit für den Umbau aller Gebäude hin zu Niedrigst- und Plusenergiegebäuden. Die praktische Umsetzung könnte z.B. über eine Anerkennung und Anrechnung in der Energieeinsparverordnung erfolgen. Dieser Vorschlag ergänzt bestehende Förderprogramme für Gebäude sowie die immer anspruchsvolleren Energieeffizienz-Vorgaben für Neubau und Modernisierung. Erdgas mit internationalen CO2- Zertifikaten ist dabei keine dauerhafte Lösung, sondern nur eine Brücke hin zu einem zukünftigen Gebäudebestand von Niedrigst- und Plusenergiehäusern.