The Act of Killing
The Act of Killing ist eine Dokumentation über drei Männer, die in den 60er Jahren Mitglieder einer indonesischen Todesschwadron waren und heute als Helden gefeiert werden.
22. Februar 2016
Ein Beitrag von Laura Timm
„Alles in Ordnung, es geht mir gut“, schreibe ich in der Nacht vom 15. Juli mal wieder auf Facebook. Ich poste sonst nicht viel. Ab und zu mal einen Artikel, ein politisches Statement, das ich gut finde. Doch das ist dieses Jahr schon der dritte Facebookpost zu meinem Wohlbefinden. Ich will nicht, dass sich Leute Sorgen machen, weil sie nichts von mir hören aus diesen terror-und putschgeplagten Städten Brüssel und Istanbul. Meine Familie und Freunde sind trotzdem beunruhigt. „Komm mal lieber bald nach Hause“, schreiben sie als Kommentar unter meinen Status.
In den deutschen Medien scheint es, als könne man in der Türkei nicht mehr sicher leben. Massenentlassungen aus dem Staatsdienst, Verhaftungswellen, die Schließung von Schulen, Zeitungen, Webseiten … Auch meine Freunde, Kollegen und Mitbewohner in Istanbul beobachten die Entwicklungen mit großer Sorge. Sie haben Angst, dass die Repressalien irgendwann auch sie selbst mit ihrer Lebensweise betreffen, die wir als „westlich“ bezeichnen. Die Anhänger der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP feiern jeden Abend Fahnen schwenkend auf dem Taksim-Platz Erdogans Vorstellung von einer Demokratie – doch in der Zwischenzeit geht das Leben in der Stadt weiter. Die Menschen fahren zur Arbeit, sitzen abends in Bars und Cafés und freuen sich auf Konzerte und andere Veranstaltungen am Wochenende, sofern diese nicht wegen das Ausnahmezustands abgesagt wurden. Die Verunsicherung ist weiterhin groß, doch die zunächst befürchteten Kämpfe zwischen Erdogans Unterstützern und der Opposition sind nicht absehbar und auch ein weiterer Putschversuch ist unwahrscheinlich.
Die anhaltende Sorge meiner Freunde und Familie in Deutschland ist somit unbegründet. Und wenn es in der Türkei doch noch zu Ausschreitungen kommen sollte, dann werde ich eine der Privilegierten sein, die das Land schnell verlassen kann. Denn ich bin im Besitz eines deutschen Reisepasses und kann jederzeit wieder nach Hause fliegen, in eines der sichersten Länder der Welt. Wir Globetrotter halten dies viel zu häufig für selbstverständlich. Doch als sich in der Nacht des Putschversuchs Angst und Verunsicherung in Istanbul breit machten, musste ich an meine syrischen KollegInnen denken. Sie können weder in ihre Heimat zurückkehren, noch dürften sie bei anhaltenden Unruhen in einem anderen Land ihrer Wahl Zuflucht suchen, denn die visafreie Einreise wird Syrern nur in wenigen Ländern gewährt. Einer meiner syrischen Kollegen hat in der Putschnacht sofort die Länder gegoogelt, in die er noch flüchten könnte. Malaysia gehört dazu, Mauretanien, der Iran, Sudan und Jemen, außerdem Tadschikistan, Ecuador, Tansania, Mosambik, Uganda, Togo, Madagaskar, Haiti, Kambodscha und mehrere kleine Inselstaaten. Ich hingegen darf mit meinem deutschen Reisepass laut Visa Restriction Index in 177 Ländern visafrei oder mit einem Visa on Arrival einreisen.