18. Februar 2015

Zukunft für den Acker? Die Lösungen der Kleinbauern

1/2Laos: Chili und Ente statt Reis? © Julia Harrer
2/2Ukraine: Mit schonender Bodenbearbeitung und Biolandbau gegen Erosion. © Loredana Sorg

Weltweit sind 1,5 Milliarden Kleinbauern abhängig von Erträgen aus der Landwirtschaft. Sie bewirtschaften ihre Felder in erster Linie zur Selbstversorgung, verkaufen entbehrliche Überschüsse auf lokalen Märkten oder an Exporteure. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) leben die meisten von ihnen in den am wenigsten entwickelten Ländern, wo der Landwirtschaftssektor bis zu 40 Prozent zum Bruttoinlandprodukt beiträgt. Trockene Felder, kein Regen oder Sintflut – heute schon gefährden extreme Temperatur- und Niederschlagsschwankungen die Ernte in vielen Regionen der Welt. Für Anpassung an den Klimawandel bedarf es neuer Ansätze, Techniken, Wissen – und erfolgreiche Ideen gibt es bereits.

Costa Rica: Janina Grabs arbeitete während ihres Kollegjahres im Projekt „Programa Acción Clima“ der GIZ Costa Rica.

„Kaffeebauern sind die besten Meteorologen“, sagt man in Costa Rica; so witterungsabhängig ist der Kaffeeanbau. Das Gelingen der einzigen Ernte im Jahr beruht auf rechtzeitigen Niederschlägen. Der Regen sorgt im Frühjahr für ein gleichmäßiges Wachstum der Kaffeekirschen; später ist er notwendig, damit Düngemittel wirken können. In den vergangenen Jahren waren Regenfälle immer heftiger, aber weniger regelmäßig. Dies führt dazu, dass Kirschen von verschiedener Größe und Reifegrad am gleichen Strauch heranwachsen. Da nur reife Kirschen gepflückt werden, müssen Pflücker nun bis zu viermal durch die Felder ziehen, wo früher zwei Erntedurchgänge reichten. Diese Ineffizienz erhöht die Produktionskosten und senkt die Qualität.

Das trockene Klima ist zudem beste Voraussetzung für die Verbreitung von Kaffeerost, einer Pilzerkrankung, die unlängst viele Kaffeefelder Zentralamerikas verwüstet hat. Um ihre Kaffeepflanzen vor zu hohen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen zu schützen, bauen immer mehr Bauern Schattenbäume auf ihren Feldern an. Diese schirmen die Sträucher vor zu intensiven Regengüssen ab, verhindern aber auch sonnenbedingte Verdunstung und bewahren somit Bodenfeuchte. Daneben erhöht mehr Diversität auf den Feldern die natürliche Schädlingsresistenz. Viele Kaffeebauern entscheiden sich auch für Fruchtbäume als Schattenspender. Durch den Verkauf von Bananen, Mangos oder Avocados verfügen sie so über eine zusätzliche Einnahmequelle, die ihnen eine Versicherung vor Kaffeeernteausfällen bietet.

Ukraine: Loredana Sorg arbeitete während ihres Kollegjahres im Projekt „Organic Market Development in Ukraine“, das vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) umgesetzt wird.

Getreidefelder, soweit das Auge reicht. Die Ukraine ist zu Recht als Kornkammer Europas bekannt. Die fruchtbaren Schwarzerden bescheren dem Land seit jeher hohe Erträge. 2014 betrug die Getreideernte über 63.000 Tonnen – ein neuer Rekordwert. Doch die abnehmende Bodenfruchtbarkeit und zunehmende Witterungsschwankungen führen zu unsicheren Erträgen. Bodenerosion ist seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts als Problem bekannt. Überbeanspruchung, eine teilweise ungünstige Bodenbewirtschaftung und zunehmende Extremwetterereignisse ver- stärken die Abtragung der Erde durch Wind und Regen. Dies könnte die – mehrheitlich – positiven Effekte, die der Klimawandel durch höhere Temperaturen und verlängerte Vegetationsperioden in der Ukraine bringt, relativieren. Gleichzeitig gefährden häufiger auftretende Überschwemmungen in den Regionen rund um die Karpaten und Dürreperioden in den südlichen Teilen des Landes Getreide- und Graslanderträge. Eine schonende Bodenbewirtschaftung, worunter ein reduzierter oder gar kein Pflugeinsatz verstanden wird, unterstützt die Boden- fruchtbarkeit und vermindert das Erosionspotential. Auch eine ständige Bodenbedeckung durch Gründüngung oder Zwischenkulturen, wie sie insbesondere im Biolandbau gepflegt wird, wirkt der Erosion entgegen und verbessert die Wasserrückhaltekapazität des Bodens, wenn zurzeit auch noch im tiefen einstelligen Prozentbereich. Immer mehr LandwirtInnen probieren solche Methoden auf den eigenen Feldern aus – auf Großbetrieben und Gemüsegärten hinter dem Haus.

Tansania: Loredana Sorg arbeitete während ihres Kollegjahres ebenfalls bei der tansanischen NGO Sustainable Agriculture Tanzania, die sich in der Morogoro-Region für biologische Landbaumethoden einsetzt.

Die kleine Regenzeit bringt Niederschläge zum Jahresende, die große von Februar bis April. So war es immer auf den Feldern rund um Morogoro, einer Stadt an den Hängen der Uluguru- Berge in Zentraltansania. Doch seit einigen Jahren ist auf den Regen kein Verlass mehr. Mal kommt er früher und heftiger als erwartet, mal lässt er so lange auf sich warten, dass die frisch gesäten Mais- und Gemüsefelder austrocknen. An den Steilhängen der Uluguru-Berge terrassieren die Bauernfamilien deshalb ihre Parzellen und pflanzen an den Rändern Grasstreifen an. Dadurch kann der Boden das Wasser besser und länger zurückhalten,was zu einer ausgewogeneren Bodenfeuchtigkeit führt und gleichzeitig der Erosion entgegenwirkt.

Auch in der Ebene schützen die Bauernfamilien ihre Felder vor zu starkem Regen und zu langer Trockenheit. Sie mulchen ihre Parzellen, solange die angepflanzten Kulturen klein sind. Dies bedeutet, dass sie Stroh oder andere Pflanzenreste auf der nackten Erde oder zwischen den Pflanzen verteilen. Die Mulchschicht schützt den Boden vor Verdunstung bei langer Trockenheit und vor Auswaschung bei heftigen Regenfällen. Mit diesen Maßnahmen wappnen sich die Bauernfamilien nicht nur für veränderte Witterungsverhältnisse, deren Variabilität mit fortschreitendem Klimawandel zunimmt, sondern erhöhen auch ihren Ertrag. Im Bergdorf Mgambazi füllte eine Reihe Auberginen früher einen Kessel – heute ernten die Bauernfamilien drei bis vier Kessel pro Reihe.

Laos: Julia Harrer arbeitete während ihres Kollegjahres in einem FAO-Projekt zur Katastrophenvorsorge in der Landwirtschaft in Laos.

Was kommt in Südostasien auf den Teller? Reis! In Laos ist er Grundnahrungsmittel seiner rund 6,7 Millionen Einwohner. Kaum überraschend, dass nahezu alle Kleinbauern auf Subsistenzniveau Reis anbauen – unabhängig von der Qualität des Bodens und der Lage des Feldes direkt am Fluss oder fernab von Bewässerung. Das zahlt sich aber nicht für jede Familie aus. Dieses Jahr hatte Laos mit einer langen Dürre, aber auch mit Überschwemmungen zu kämpfen. Diese Extreme sind inzwischen zur Normalität geworden und bedrohen jedes Jahr die Existenzgrundlagen von zahlreichen Familien.

Viele Kleinbauern setzen deshalb auf alternative Reissorten, wie beispielsweise dürreresistente Sorten oder solche, die Überschwemmungen und damit einhergehenden Pflanzenkrankheiten trotzen können. Kleinbauern, die sich diese Sorten nicht leisten können, wagen es, auf Reisanbau zu verzichten oder ziehen zusätzliche Einkommensmöglichkeiten in Betracht, wie den Anbau von Gemüse, etwa Chili oder Bohnen, im heimischen Gemüsegarten. Die Erträge landen dabei nicht nur auf den lokalen Märkten, sondern auch im hauseigenen Kochtopf und sorgen so gleichzeitig für die gesunde Ernährung der Familie. Einen ähnlich positiven Effekt hat das Umschwenken auf Tierzucht. Beliebt in Laos sind Enten, Ziegen und Hühner. Durch die Erträge aus Gemüseanbau und Tierzucht können die Kleinbauern Reis auf dem lokalen Markt oder beim Nachbarn kaufen. Selbst auf Reisanbau zu verzichten, ist ein Wagnis, kann sich aber auszahlen.