15. Dezember 2011

Bei der Wüstenstrom-Initiative Dii im kalten München

Das in der letzten Woche im südafrikanischen Durban erzielte Verhandlungsergebnis zeigt wieder einmal wie schwer sich die Weltgemeinschaft mit einer Verständigung auf ein allgemeingültiges und verbindliches Klimaschutz-Übereinkommen tut. Mit jedem komplizierten Klimagipfel und jeder Aufschiebung der Verhandlungen über ein neues Übereinkommen wird deutlicher, dass es in starkem Maße auf private und einzelstaatliche Akteure ankommen wird, Initiative im Klimaschutz zu zeigen.

Es passt vielleicht ganz gut, dass ich in dieser Woche von meiner ersten Stage München berichte. Denn die Desertec Industrial Initiative, genannt Dii, bei der ich die vergangenen drei Monate lang gearbeitet habe, ist ein privatwirtschaftlciher Akteur der durch die Verbreitung erneuerbarer Energien einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnte. Die Dii ist ein Konsortium verschiedener Großunternehmen, das die Voraussetzungen für die Produktion von Solar- und Windenergie in der nordafrikanischen Wüste und an der nordafrikanischen Atlantik- und Mittelmeerküste ausloten soll. Der produzierte Strom soll vor Ort in Nordafrika aus Gas und Öl produzierten Strom ersetzen. Zudem soll er langfristig nach Europa transportiert werden und dort den Anteil erneuerbarer Energien am europäischen Strom-Mix erhöhen.

Ich habe mich bei der Dii während der vergangenen Monate überwiegend mit den regulatorischen Rahmenbedingungen für Solarenergie-Projekte in der EU, in Marokko und in Tunesien beschäftigt. Dies hatte ich zuvor im Rahmen meiner Masterarbeit bereits begonnen. Es war nun sehr spannend für mich, über mein theoretisches Wissen hinausgehend, die politischen und kulturellen Herausforderungen kennenzulernen, denen die Dii bei der Umsetzung ihres konkreten Projektentwurfs gegenüber steht.

München hieß mich zu Beginn meiner Stage mit einer rauschenden Feier, dem Oktoberfest, willkommen und wird mich in einer Woche mit einer wahrscheinlich rauschenden betrieblichen Weihnachtsfeier wieder verabschieden. Die knapp drei Monate dazwischen sind buchstäblich an mir vorbeigerauscht. Zu München als Stadt habe ich in dieser kurzen Zeit keine wirklich enge Verbindung aufbauen können. Zum einen habe ich mit ihr einen stillen Pakt über kurzfristige und unverbindliche Beherbergung geschlossen. Wurzeln schlagen war hier nicht vorgesehen – ich scheine diesbezüglich nach vielen kurzen Aufenthalten in anderen Städten während der letzten Jahre irgendwie abgeklärt zu sein. Zum anderen haben mir meine spannende Arbeit bei der Dii und ein einwöchiger Konferenzbesuch in Kairo auch wenig Zeit dazu gelassen, München genügend Aufmerksamkeit zu schenken.

Anstatt also nun mein Halbwissen zu Brezeln, Augustiner Bier oder Münchner Weihnachtsmärkten auszupacken, möchte ich lieber ein paar Eindrücke von meiner Reise nach Kairo schildern. Ich nahm dort Anfang November an der Di Desert Energy Conference teil, die jährlich dazu dienen soll, Entscheidungsträger und Experten aus EU- und MENA-Ländern für Vorträge und Diskussionen über die „Desertec Vision“ zusammenzubringen. Für mich ergab sich die Chance, mit Angestellten von Energieunternehmen, Naturschützern, Ingenieuren von Solarenergieanlagen und Mitarbeitern von internationalen Organisationen über mein Interessensgebiet, die internationale Verbreitung erneuerbarer Energien, ins Gespräch zu kommen. Zudem konnte ich meine Arbeitskollegen bei der Dii näher kennenzulernen: Wir unternahmen einen Spaziergang auf dem städtischen Basar am Vorabend des islamischen Opferfestes, besichtigten Mumien im ägyptischen Museum und unternahmen eine nächtliche Bootsfahrt auf dem Nil. Und wer noch nicht auf einem Kamel durch den Wüstensand zu den Pyramiden von Gizeh geritten ist, dem lege ich es wärmstens ans Herz.

Vor der Reise nach Kairo, eine mir bis dahin völlig unbekannte Stadt, hatte im Vorfeld großen Respekt – in einer Zeit, in der die ägyptische Revolution gerade vorbei war und die Presse bereits von neuen Protesten gegen die Militärregierung schrieb. Die Konferenz fand zudem in einem Hotel unmittelbar neben dem Tahrir-Platz statt, wo Wochen zuvor die Revolution ihren Mittelpunkt gehabt hatte.

Während meines sechstägigen Aufenthaltes war in Kairo von revolutionären Bewegungen für mich jedoch nichts zu sehen. Auf der Straße schienen die Bürger ihrem Alltag nachzugehen. Von der Rolle des Militärs in ihrem Land schienen sie eher mit einer Mischung aus Verzweiflung und Resignation zu berichten – so entnahm ich es Gesprächen mit Taxifahrern und mit einer protestantischen Christin, die ich in einer alten Kirche traf. Das völlig ausgebrannte Zentralgebäude der ehemaligen Mubarak-Partei schien sich wie ein Relikt aus vergangener Zeit in die Silhouette der Stadt einzureihen – wie eine abschließende Vergeltung des Volkes nach Jahrzehnten der Diktatur.  Als ich später erfuhr, dass Mubarak-Parteimitglieder das Gebäude wohl selbst angezündet hatten, um Beweismittel für ihre Verbrechen zu vernichten, und als es knappe zwei Wochen nach unserer Abreise aus Kairo wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Staatspolizei auf dem Tahrir-Platz kam, wurde mir leider klar wie wenig ich in sechs Tagen von den tatsächlichen Verhältnissen im Land gesehen hatte…

Meine nächste Stage soll mich, nach einem gemeinsamen Seminar mit den anderen Kollegiaten im Januar, ins marokkanische Energieministerium nach Rabat führen. Dort möchte ich für die GIZ arbeiten.